Das ist der Traum, den intelligente Menschen häufiger haben, laut Psychologie

Diesen Traum haben kluge Köpfe besonders oft – und die Wissenschaft kann es erklären

Du wachst mitten in der Nacht auf und denkst dir: Wow, was war das denn für ein Trip? Dein Traum hatte eine Story, die tatsächlich Sinn ergab. Du hast Probleme gelöst, kreative Ideen entwickelt und – Moment mal – du wusstest mittendrin sogar, dass du träumst. Willkommen im Club der Menschen, deren Gehirn offenbar auch im Schlaf keine Pause einlegt. Was wie eine coole Superkraft klingt, hat tatsächlich wissenschaftliche Hintergründe, und Forscher haben herausgefunden, dass bestimmte kognitive Fähigkeiten dafür verantwortlich sind.

Die Rede ist von sogenannten luziden Träumen oder Klarträumen. Bei diesen besonderen Traumerlebnissen wird dir während des Träumens bewusst, dass du gerade träumst. Manchmal kannst du sogar die Handlung beeinflussen, Entscheidungen treffen oder gezielt Dinge ausprobieren. Klingt nach Science-Fiction, ist aber ein gut dokumentiertes Phänomen, das Neurowissenschaftler seit Jahren untersuchen. Und das Spannende daran: Es gibt Zusammenhänge zwischen dieser Art des Träumens und bestimmten Denkmustern, die oft mit höherer kognitiver Leistungsfähigkeit einhergehen.

Dein Gehirn hat einen Turbo-Modus – auch nachts

Forscher des Max-Planck-Instituts haben etwas Faszinierendes entdeckt: Menschen, die regelmäßig luzide träumen, besitzen ein deutlich stärker entwickeltes Gehirnareal – den frontopolaren Kortex. Dieser Bereich sitzt ganz vorne im Gehirn und ist zuständig für Dinge wie Selbstreflexion, abstraktes Denken und die Fähigkeit, über die eigenen Gedanken nachzudenken. Klingt meta? Ist es auch. Die Studie von Filevich und Kühn aus dem Jahr 2015 zeigte, dass genau diese Hirnregion sowohl beim bewussten Träumen als auch bei komplexen Denkaufgaben im Wachzustand aktiv ist.

Das bedeutet: Wenn dein Gehirn gut darin ist, über sich selbst nachzudenken und Situationen zu analysieren, macht es das offenbar auch im Schlaf weiter. Diese Fähigkeit zur Metakognition – also zum Denken über das Denken – ist eine Art kognitiver Luxus, den nicht jeder in gleichem Maße besitzt. Menschen mit ausgeprägter Metakognition schneiden tendenziell besser bei Problemlösungsaufgaben ab, zeigen mehr Kreativität und können ihre Lernprozesse effektiver steuern. Und genau diese Gruppe berichtet auch häufiger von bewussten Traumerlebnissen.

Was passiert eigentlich in deinem Kopf, wenn du träumst?

Normalerweise ist der präfrontale Kortex – das Kontrollzentrum für rationales Denken und Selbstwahrnehmung – während des Träumens weitgehend ausgeschaltet. Deswegen akzeptierst du im Traum auch völlig absurde Situationen als komplett normal. Deine tote Oma spielt Schach mit einem sprechenden Pinguin? Natürlich, warum auch nicht. Du kannst plötzlich fliegen, obwohl du im echten Leben keine Flügel hast? Scheint logisch.

Bei luziden Träumen jedoch bleibt dieser Bereich teilweise aktiv. Das ermöglicht dir, kritisch zu denken und zu realisieren: Hey, Moment mal, das kann nicht real sein – ich träume gerade! Diese Fähigkeit zur Selbstreflexion im Schlafzustand ist neurologisch messbar. Mit bildgebenden Verfahren können Wissenschaftler sehen, dass bei Menschen, die gerade luzid träumen, genau jene Hirnareale aktiv sind, die auch mit komplexem Denken im Wachzustand verknüpft sind. Das Ganze hat nichts mit Esoterik zu tun, sondern mit messbaren Gehirnstrukturen und neurologischen Prozessen.

Träume als nächtliche Brainstorming-Sessions

Forscher Jones und Cox haben 2019 untersucht, welche Rolle Träume bei der Problemlösung spielen. Ihre Erkenntnisse waren ziemlich eindeutig: Menschen, die sich aktiv mit ihren Träumen beschäftigen – zum Beispiel durch Traumtagebücher oder bewusstes Erinnern – zeigen im Alltag flexibleres und kreativeres Denken bei der Problemlösung. Es ist, als würde dein Gehirn die Nacht nutzen, um alle Informationen, die du tagsüber gesammelt hast, neu zu sortieren und zu innovativen Lösungen zusammenzusetzen.

Das erklärt auch einige berühmte Anekdoten. Der Chemiker August Kekulé soll angeblich die ringförmige Struktur des Benzolmoleküls im Traum gesehen haben. Paul McCartney behauptete, die Melodie zu Yesterday sei ihm im Schlaf gekommen. Ob diese Geschichten hundertprozentig stimmen, lässt sich heute nicht mehr überprüfen. Aber sie illustrieren ein Phänomen, das die Wissenschaft inzwischen ernst nimmt: Unser Gehirn verarbeitet im Schlaf nicht nur Informationen, sondern erschafft auch neue Verbindungen und Ideen.

Studien haben gezeigt, dass Menschen nach REM-Schlafphasen – also den Phasen, in denen wir am intensivsten träumen – bei kreativen Aufgaben deutlich besser abschneiden. Dein Gehirn macht nachts also keine Pause, sondern arbeitet in einem anderen, oft produktiveren Modus weiter.

Warum sich manche Menschen besser an ihre Träume erinnern

Jeder Mensch träumt mehrmals pro Nacht, aber nicht jeder erinnert sich daran. Manche Leute wachen jeden Morgen mit detaillierten Erinnerungen an ihre nächtlichen Abenteuer auf, während andere behaupten, sie würden überhaupt nicht träumen. Spoiler: Das stimmt nicht. Du träumst definitiv, dein Gehirn speichert die Erinnerungen nur nicht ab.

Forschungen zeigen, dass Menschen mit höherer Traumerinnerung häufig auch zu Tagträumen neigen und generell eine aktivere innere Gedankenwelt haben. Bei diesen Personen bleibt das frontale Gehirnareal auch im Schlaf aktiver, was sowohl die Traumerinnerung als auch das luzide Träumen begünstigt. Sie haben sozusagen eine stärkere Verbindung zwischen ihrem Schlaf- und Wachbewusstsein. Das bedeutet nicht, dass du weniger intelligent bist, wenn du dich nicht an deine Träume erinnerst. Traumerinnerung hängt von vielen Faktoren ab: Schlafqualität, Stresslevel, wie schnell du aufwachst und sogar davon, wie wichtig du selbst deine Träume nimmst.

Was hat das alles mit Intelligenz zu tun?

Jetzt wird es etwas komplizierter, denn hier müssen wir über den Begriff Intelligenz sprechen. In der Psychologie gibt es keinen eindeutigen Konsens darüber, was Intelligenz genau ausmacht. IQ-Tests messen bestimmte kognitive Fähigkeiten wie logisches Denken und Problemlösung, aber sie erfassen nicht das gesamte Spektrum dessen, was wir als intelligent bezeichnen könnten. Kreativität, emotionale Intelligenz, praktisches Denken, soziale Kompetenz – all das sind Formen von Intelligenz, die in klassischen Tests oft zu kurz kommen.

Wenn Wissenschaftler also von einem Zusammenhang zwischen kognitiven Fähigkeiten und Traumerleben sprechen, meinen sie nicht unbedingt den IQ. Sie meinen vielmehr bestimmte Eigenschaften wie ausgeprägte Selbstreflexion, hohe Metakognition, kreatives Denken und die Fähigkeit zur abstrakten Problemlösung. Diese Eigenschaften korrelieren oft mit dem, was wir umgangssprachlich als Intelligenz bezeichnen, aber der Zusammenhang ist nuancierter als einfach nur hoher IQ gleich besondere Träume. Es gibt bislang keine Studie, die eindeutig belegt, dass Menschen mit höherem IQ bestimmte Traumtypen häufiger erleben. Was die Forschung aber zeigt, sind faszinierende Überschneidungen zwischen metakognitiven Fähigkeiten und bewussten Traumerlebnissen.

Persönlichkeit spielt eine riesige Rolle

Nicht jeder intelligente Mensch hat automatisch luzide Träume, und nicht jeder, der luzide träumt, schneidet bei IQ-Tests überdurchschnittlich ab. Persönlichkeit ist mindestens genauso wichtig. Menschen, die offen für neue Erfahrungen sind – eines der fünf großen Persönlichkeitsmerkmale in der Psychologie – berichten deutlich häufiger von lebhaften, bizarren und auch luziden Träumen.

Diese Personen neigen generell dazu, ihre innere Gedankenwelt aktiver zu erforschen. Sie sind neugieriger, experimentierfreudiger und reflektierter. Auch introspektive Menschen, die viel Zeit mit Selbstreflexion verbringen, haben häufiger bewusste Traumerlebnisse. Das macht Sinn: Wer im Wachzustand ständig seine eigenen Gedanken beobachtet und hinterfragt, tut das unbewusst auch im Schlaf. Eine Studie der Universität Düsseldorf aus dem Jahr 2012 zeigte, dass Trauminhalte stark von Persönlichkeit und Lebenserfahrung geprägt sind. Wie du denkst, beeinflusst also, wie du träumst.

Kannst du dir diese Fähigkeit antrainieren?

Die gute Nachricht: Ja, luzides Träumen lässt sich trainieren. Es gibt verschiedene wissenschaftlich erprobte Techniken, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass du bewusst in deinen Träumen wirst. Reality Checks im Wachzustand – also regelmäßiges Hinterfragen, ob du gerade träumst oder wach bist – können sich auf deine Träume übertragen. Wenn du dir tagsüber angewöhnst zu fragen Hey, träume ich gerade?, wirst du diese Frage irgendwann auch im Traum stellen.

Traumtagebücher helfen enorm dabei, die Traumerinnerung zu verbessern und Muster zu erkennen. Wenn du direkt nach dem Aufwachen aufschreibst, wovon du geträumt hast, trainierst du dein Gehirn darauf, diese Erinnerungen besser abzuspeichern. Besonders effektiv ist die sogenannte MILD-Technik, die für Mnemonic Induction of Lucid Dreams steht. Dabei sagst du dir vor dem Einschlafen bewusst vor, dass du im Traum erkennen wirst, dass du träumst. Klingt simpel, funktioniert aber nachweislich. Studien zeigen, dass regelmäßiges Training die Häufigkeit luzider Träume signifikant erhöhen kann.

Und hier kommt der wirklich coole Teil: Durch das Training luzider Träume trainierst du gleichzeitig deine metakognitiven Fähigkeiten. Es ist wie Krafttraining für dein Gehirn. Die gleichen neuronalen Netzwerke, die dir helfen, im Traum bewusst zu werden, unterstützen dich auch dabei, im Alltag reflektierter zu denken und komplexe Probleme kreativer zu lösen.

Was strukturierte Träume über dein Gehirn verraten

Strukturierte, kohärente Träume – also solche, die einer nachvollziehbaren Handlung folgen und nicht nur chaotische Bilderfetzen sind – können tatsächlich auf effizientere kognitive Verarbeitungsprozesse hinweisen. Während des Schlafs konsolidiert dein Gehirn Erinnerungen und Informationen. Menschen, deren Gehirn diese Prozesse effektiver organisiert, zeigen oft strukturiertere Trauminhalte.

Das bedeutet nicht, dass chaotische Träume ein Zeichen mangelnder Intelligenz sind. Träume werden von unzähligen Faktoren beeinflusst: Stress, Schlafqualität, emotionale Zustände, Medikamente, Alkoholkonsum, sogar was du gegessen hast. Aber es gibt Hinweise darauf, dass Menschen mit stärkerer kognitiver Kontrolle ihre Traumnarrative besser strukturieren und sich auch besser daran erinnern können.

Kreativität und Träume sind beste Freunde

Kreative Menschen – Künstler, Musiker, Schriftsteller – berichten überdurchschnittlich häufig von intensiven, lebhaften Träumen, die ihnen Inspiration liefern. Das liegt daran, dass im Traum die üblichen logischen Beschränkungen wegfallen. Dein Gehirn kann wild assoziieren, unmögliche Verbindungen herstellen und Lösungen finden, auf die du im Wachzustand nie gekommen wärst. Diese kreative Problemlösungsfähigkeit im Traum ist besonders ausgeprägt bei Menschen, die generell flexibel und assoziativ denken können. Das sind oft dieselben Leute, die auch im Alltag ungewöhnliche Perspektiven einnehmen und innovative Ideen entwickeln.

Der praktische Nutzen von Klarträumen

Abgesehen von der reinen Faszination haben luzide Träume auch praktische Anwendungen. Therapeuten nutzen sie bei der Behandlung von Albträumen, besonders bei Patienten mit posttraumatischer Belastungsstörung. Die Studie von Spoormaker und van den Bout aus dem Jahr 2006 zeigte, dass Menschen, die lernen, in ihren Albträumen zu erkennen, dass sie träumen, die Situation aktiv verändern und so die Kontrolle zurückgewinnen können.

Sportler und Musiker nutzen luzide Träume, um Bewegungsabläufe mental zu trainieren. Forschungen von Erlacher und Schredl aus dem Jahr 2010 belegen, dass mentales Training im luziden Traum tatsächlich die Leistung im Wachzustand verbessern kann. Dein Gehirn macht keinen großen Unterschied zwischen real ausgeführten und intensiv vorgestellten Bewegungen – beides aktiviert ähnliche neuronale Netzwerke.

Gehörst du zu den Menschen mit besonders aktiven Träumen?

Vielleicht fragst du dich jetzt, ob du selbst zu dieser Gruppe gehörst. Ein paar Fragen können dir einen Hinweis geben:

  • Erinnerst du dich regelmäßig an deine Träume?
  • Hast du schon mal im Traum gemerkt, dass du träumst?
  • Neigst du zu Tagträumen und hast eine aktive innere Gedankenwelt?
  • Bist du jemand, der viel über sich selbst und die eigenen Denkprozesse nachdenkt?
  • Fällt es dir leicht, verschiedene Perspektiven einzunehmen und kreativ zu denken?

Wenn du mehrere dieser Fragen mit Ja beantwortest, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du ein aktives metakognitives System besitzt und damit auch das Potenzial für luzide und strukturierte Träume. Falls nicht, keine Sorge: Diese Fähigkeiten lassen sich trainieren, und es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass fehlende Traumerinnerung etwas über deine Intelligenz aussagt.

Was die Wissenschaft noch nicht weiß

Trotz aller spannenden Erkenntnisse muss man ehrlich sein: Die Traumforschung hat noch viele offene Fragen. Wir verstehen zwar immer besser, welche Gehirnareale beim Träumen aktiv sind und welche Funktionen Träume erfüllen, aber vieles bleibt mysteriös. Warum träumen wir überhaupt? Warum sind manche Träume so bizarr? Warum vergessen wir die meisten Träume innerhalb weniger Minuten nach dem Aufwachen?

Was wir mit Sicherheit sagen können: Es gibt faszinierende Überschneidungen zwischen metakognitiven Fähigkeiten, Selbstreflexion, kreativer Problemlösung und der Häufigkeit sowie Qualität bewusster Traumerlebnisse. Die Vorstellung, dass es einen speziellen Traum intelligenter Menschen gibt, ist vereinfacht. Genauer wäre zu sagen: Menschen mit ausgeprägter Metakognition, Kreativität und Selbstreflexion erleben häufiger strukturierte, bewusste und lösungsorientierte Träume. Diese Eigenschaften korrelieren mit bestimmten Aspekten dessen, was wir als Intelligenz bezeichnen, aber sie sind nicht identisch damit.

Die Faszination des nächtlichen Bewusstseins

Die Faszination für die Verbindung zwischen Träumen und kognitiven Fähigkeiten ist vielleicht auch ein Spiegel unserer Sehnsucht, die mysteriöse Welt des Schlafs besser zu verstehen. Wir verbringen etwa ein Drittel unseres Lebens schlafend, und doch wissen wir erschreckend wenig darüber, was in diesen Stunden wirklich passiert. Jeder neue Einblick in die Mechanismen des Träumens ist ein Schritt näher daran, uns selbst besser zu verstehen.

Die Erkenntnis, dass unsere kognitiven Fähigkeiten unser Traumerleben beeinflussen – und umgekehrt – öffnet spannende Möglichkeiten. Sie zeigt, dass Geist und Bewusstsein nicht mit dem Einschlafen einfach abschalten, sondern auf faszinierende Weise weiterwirken. Dein Gehirn ist nachts nicht offline, es arbeitet nur in einem anderen, manchmal sogar produktiveren Modus. Das nächste Mal, wenn du mitten in einem verrückten Traum plötzlich denkst Moment, das ergibt keinen Sinn – ich träume gerade!, darfst du dich auf die Schulter klopfen. Dein frontopolarer Kortex leistet gerade Überstunden, und du nutzt kognitive Fähigkeiten, die längst nicht jeder hat.

Erinnerst du dich nach dem Aufwachen oft an deine Träume?
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